Ellen Rohlfs ist am 9. November 2020 mit ihrer üblichen Diskretion fortgegangen. Sie war 93 Jahre alt. Wie alle Menschen, die sie kennengelernt haben, können wir nur um sie trauern, eine Frau mit dem aufrechten Gang und der Hartnäckigkeit eines Hamsters.
Im Prinzip hatten Ellen, eine rigorose deutsche Protestantin, und ich, ein undogmatischer Atheist aus dem Mittelmeerraum, von vornherein wenig gemeinsam. Aber Palästina wurde unser Begegnungsort. Seit 2006, einige Monate nachdem Tlaxcala ins Leben gerufen wurde, haben wir Kontakt aufgenommen. Wir haben dann angefangen, Ellens Übersetzungen zu veröffentlichen. Sie übersetzte Texte aus dem Englischen ins Deutsche. Sie fokussierte ausschließlich auf Palästina und übersetzte fast nur jüdisch-israelische Autoren. Der wichtigste Autor war ihr großer Freund Uri Avnery. Sie übersetzte bis zu seinem Tode vor zwei Jahren seine wöchentlichen Kolumnen. Einmal übersetzte sie auf meine Bitte hin einen palästinensischen Autor aus Gaza und meinte, sein Stil wäre ihr nicht so geläufig. Die Ausdrucksweise von Uri Avnery stand ihr offensichtlich näher, da sie dieselbe deutsche Kultur teilten. Von 2006 bis 2018 haben wir mehr als 600 Übersetzungen von Ellen veröffentlicht. Nachdem sie 2018 zu übersetzen aufhörte, haben wir sie vermisst. Niemand hat Ellen ersetzt, denn sie ist unersetzlich.-Fausto Giudice
Ich kannte Ellen seit einigen Jahren, u.a. über Tlaxcala und Evelyn Hecht-Galinski. Ich habe mich mit ihr als Person auseinandergesetzt und habe ein Buch über sie geschrieben, über ihr Leben und ihr Engagement als Menschenrechtlerin. Sie hat mir von ihrer Jugend erzählt, von der Bedeutung des Wortes „Nie wieder“, damals nach der von ihr persönlich durchlebten Nazi-Diktatur wie heute für Palästina. Wenn ich das lebenslange Engagement von Ellen Rohlfs in einen Satz fassen sollte, würde ich es so definieren: Die Menschenrechtsarbeit von Ellen Rohlfs war eine Lebensaufgabe, eine Sisyphusarbeit, der aber Ellen Rohlfs unermüdlich nachging und die sie in ihrer Poesie verarbeitete. Was mir Ellen beigebracht hat, sind zwei Dinge: Sisyphusarbeit ist etwas Positives. Und zweitens: Die Lyrik für die Menschenrechte kann nur eine Lyrik der trockenen Worte sein, denn Menschenrechte sind keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Kampf, ein Weg, den ich aber ganz in ihrem Sinne als Weg im Verständnis Goethe wie folgt bezeichnen möchte: „Der Weg ist das Ziel“.
Ellen hat uns eine wichtige Aufgabe hinterlassen. Und das Motto dieser Aufgabe lautet: Setzt euch für Palästina und sein Volk ein und seht in dieser zyklischen Sisyphusarbeit des ewigen Denunzierens, dem ihr nicht entgehen könnt, weil ihr an die Gerechtigkeit glaubt, den Weg und gleichzeitig das Ziel.
Ich kann mich nur dem anschließen, was mein Kollege Fausto schreibt und im Besonderen an seine Beschreibung von Ellen als einer „unersetzlichen“ Kämpferin.
ProMosaik hat dann auch die Gedichte von Ellen ins Italienische übersetzt. Sie sind Teil eines italienischen Sammelbandes von Gedichten über Palästina von vier Stimmen, die von Mahmoud Suboh, die von Faten Dabbas, die von Ellen und meine antizionistischen Fragmente.- Milena Rampoldi